Für gewöhnlich ist unsere Achillessehne widerstandsfähiger und robuster als zehn Meter Stahlbeton. Ehe sie reißt, hält sie Belastungen von circa einer Tonne aus – es sei denn, sie ist bereits vorgeschädigt. Deshalb ist Vorsicht geboten.
In unserem Blogbeitrag erklären wir dir alles rund um das Thema „Schmerzen der Achillessehne“ und vor allem wie du ihnen den Kampf ansagen kannst.
Denn besonders im Fußball ist die Achillessehne enormen Kräften ausgesetzt, welche sie absorbieren bzw. weiterleiten muss. Aber nicht nur im Fußball, sondern auch in allen weiteren Sportarten, die ein gewisses Maß an Laufen und Springen beinhalten, finden wir die sogenannte ‚Midportion achilles tendinopathy’ – eine Verletzung der Achillessehne.
Die Betroffenen sind zumeist männlich und leiden an einem Schmerz, der sich 2 – 6 cm über dem Ansatz der Sehne lokalisiert. Weiter ist eine gewisse Druckempfindlichkeit, eine lokale Erwärmung sowie eine Verdickung der Sehne im betroffenen Bereich zu erkennen (vgl. Habets et al, 2015). Oftmals klagen die Spieler*innen über einen morgendlichen Anlaufschmerz und einen Schmerz zu Beginn einer Belastung, wobei sich der Schmerz in der Regel während der Aktivität wieder reduziert.
Im Zeichen zunehmender Ermüdung verstetigt er sich zumeist und nicht selten findet ein schmerzbedingter Abbruch der Bewegung/Belastung statt. In den Akutphasen einer Tendinopathie kann es weiterhin zu einem gelegentlichen Ruheschmerz kommen.
Wichtig zu wissen ist, dass ein solcher Verletzungs- bzw. Überlastungsschaden zu einer hohen Wahrscheinlichkeit multifaktoriell bedingt ist, also mehrere Ursachen dafür in Fragen kommen können:
Manche Leser*innen mögen sich fragen, wieso ich nicht von einer „AchillessehnenENTZÜNDUNG“ spreche. Nun, historisch wurde diese Über- oder Fehlbelastungsverletzung mit diversen entzündlichen Prozessen in Verbindung gebracht bzw. darauf reduziert. Fakt ist, dass bisher noch nicht genau geklärt ist, wie der kausale Zusammenhang zwischen den verschiedenen Indikatoren schlussendlich ist. Mascaro et al. (2018) stellen fest, dass Schmerz, Sehnen- Pathologien, Dysfunktionen und fehlerhafte Sehnenstrukturen zwar häufig korrelieren, aber sich keinesfalls bedingen müssen.
Einigkeit scheint darüber zu bestehen, dass eine Tendinopathie aus einer fehlgeleiteten Heilung der Sehne resultiert und mit moderater Entzündungssymptomatik einhergeht (vgl. Habets et al., 2017; Cook & Purdam, 2009).
Klar, du kannst eine Familienpackung „Ibu“ kaufen und 2 Wochen Pause machen. Das wird eventuell kurzfristig sogar funktionieren. Blöd ist nur, dass wir noch immer nicht wissen, wie der genaue Pathomechanismus, also der Erkrankungsgrund einer fehlerhaften Sehne ist. Darüber hinaus wissen wir auch nicht, WARUM genau DU unter den beschriebenen Problematiken leidest.
Das Schlechteste was du machen kannst, ist das Einstellen jeglicher Form von Bewegung. Aber was braucht eine Achillessehne genau?
Load impliziert die mechanische Beanspruchung der Achillessehne. ‚Load’ steht im Englischen für die gängigen Belastungsparameter von Volumen, Intensität und Frequenz.
Neuroplastizität ist die Fähigkeit unseres Gehirns und unseres Körpers (hier sind vor allem Nervenzellen und Muskelzellen gemeint) sich durch eine spezifische Belastung anzupassen. Es ist also in erster Linie das Zusammenspiel von Muskulatur und Gehirn gemeint.
Wir können hier ein Beispiel aus dem Alltag nehmen, um es deutlicher zu machen. Wenn wir mit einem Sportwagen (Muskulatur) auf einer Schotterstraße fahren (Nervensystem), dann müssen wir sehr langsam fahren, sonst geht das Auto kaputt. Wenn wir allerdings mit einem Kleinstwagen über die A7 fahren, dann können wir nur sehr langsam fahren obwohl wir schneller dürften. Wir benötigen also unseren Sportwagen auf der Autobahn.
Fassen wir das Ganze nochmal kurz zusammen:
Wenn bei dir eine Tendinopathie vorliegt, dann bist du gut darin beraten in Bewegung zu bleiben. Bevor jetzt alle losrennen und willkürlich beginnen ihre Sehnen zu malträtieren, müssen wir das Training noch in einen vernünftig gesteuerten Handlungsrahmen einbetten.
Was wir als allererstes benötigen, ist eine Evaluation des Schmerzes über einen gewissen Zeitraum (vgl. Thomeé, 1997; Cook & Purdam, 2009; Silbernagel et al., 2007).
Dafür nehmen wir eine Skala, welche von 0 bis 10 läuft.
• 0 = kein Schmerz
• 10 = schlimmster Schmerz, den man sich vorstellen kann
Mit diesem „Pain-Monitoring“ überprüfst du während der Übung bis ca. 24 – 48 Stunden. nach Trainingsende eure Schmerzen. Hierbei ist es egal in welchem Stadium du dich befindest und welches Training du durchführst. Sollten deine Schmerzen nach spätestens 48 Stunden noch über einem Wert von „5“ liegen, so musst du in der nächsten Trainingseinheit die Last verringern, das Zeitintervall verändern oder eine andere Form der Belastung wählen.
Sollte die Schmerzindikation zwischen 0 – 5 liegen, so kannst du in der nächsten Trainingseinheit die Last erhöhen, das Zeitintervall verlängern oder progressivere Belastungsformen wählen (Achtung: in Abhängigkeit der Stufe). Gerade in der Akutphase ist es wichtig, dass du nicht noch mehr exzessiven Stress (siehe „Pain Monitoring“) auf die Sehne ausübt. Selbstredend kannst du weiterhin additives Krafttraining betreiben oder locker Radfahren, Aquasport machen und den Crosstrainer zum Cardiotraining benutzen, solange du dich selbst überprüft.
Zudem installierst du nun eine Trainingsintervention in eure „Ersatztrainingseinheiten“. Da sich eine Sehne sehr langsam anpasst, ist hier große Geduld gefragt. Du kannst damit rechnen, dass du wohl erst ca. zwei Wochen nach Beginn der Intervention eine Verbesserung erzielt. Die meisten Protokolle sind auf zwölf Wochen ausgelegt, einige davon sogar auf über ein Jahr (vgl. Murphy et al., 2018).
Unserer Meinung nach empfiehlt es sich die Übungen gänzlich in das eigene Training einfließen zu lassen.
Nachstehend siehst du zunächst eine Übersicht über ein graduelles Belastungsprogramm bei einer Tendinopathie (vgl. Mascaro et al., 2018; Murphy et al., 2018; PMS, 2018).
Dennoch solltest du mindestens zwei- bis dreimal pro Woche die Punkte 1-2 in dein Training einbauen. Abseits von den anderen Punkten. Am besten wäre es natürlich auch das klassische Wadenheben sowie ein ausgefeiltes Krafttrainingsprogramm sowie plyometrische Inhalte beizubehalten, doch zunächst versuchen wir im Alltag umsetzbare Vorschläge zu internalisieren.
Bedenke, dass diese Intervention ein hohes Maß an Adhärenz erfordert, da sie langfristig angelegt werden muss.
Sofern du diese essentiellen Punkte befolgst, steht die Chance gut die Schmerzsymptomatik in den Griff zu bekommen, um endlich schmerzfrei spielen zu können. Selbstredend kann es auch innerhalb dessen zu Rückschlägen kommen. Es sei ebenfalls gesagt, dass nicht jedes Training für jeden Menschen geeignet ist. Wir reden hier allerdings von einer hohen Schnittmenge, die mit dieser Art von Trainingsprogramm Erfolg haben kann.
Die aufmerksamen Leser*innen haben gesehen, dass für die einzelnen Stufen keine Zeiten vorgegeben sind. Mit Hilfe des Pain-Monitoring Systems nach Thomeé und Silbernagel (2007) evaluierst du jeden Tag aufs Neue deinen Fortschritt.
Wie bereits skizziert, finden die ersten Verbesserungen nach ca. 2 Wochen statt. Es kann allerdings weitaus länger dauern, bis du eine wirkliche Schmerzreduktion unter Belastung registrierst.
Be fearless. Be focused. B42
Bringe dich und dein Team aufs nächste Level! Reha- und Comebacktraining für Fußballmannschaften.