Fußball ist die beliebteste Spielsportart der Welt – auch bei den Mädels. Nur leider ist Fußball auch die Sportart, bei der die meisten Verletzungen gezählt werden.
Unabhängig davon, ob im Vereins-, Schul- oder nicht organisierten Sport führt der Fußball, laut Fachliteratur, die Verletzungsstatistik an.
Am meisten haben die Spieler/innen dabei vor dem Kreuzbandriss (VKB) Angst, der eine lange Ausfallzeit und anstrengende Rehabilitationsphase nach sich zieht.
Frauen sind dabei um ein 6-faches häufiger betroffen als Männer.
Wie und warum es zu den häufigen Knieverletzungen im Frauenfussball kommen kann und welche Ursachen diese Verletzung explizit bei Frauen hat, soll folgender Blog-Beitrag näher erläutern.
(Wie du typische Verletzungen im Frauenfußball präventiv angehen kannst findest du in dem Beitrag "Verletzungsprävention im Frauenfußball". In der B42 Fußball App findest du konkrete Reha-Programme für Fußballerinnen. Lade sie dir direkt runter.)
Der klassische Kreuzbandriss zeigt sehr typische Verletzungsmechanismen, die meist in Situationen der Landung nach einem Sprung, bei Abstoppbewegungen aus dem Laufen oder bei Richtungswechseln, sogenannten Change of Directions (COD) vorkommen.
Dies sind Bewegungsabläufe die charakteristisch für den Fußball sind. Die Spielsituationen sind uns dabei allen bekannt. Kopfballduelle in Angriff oder Verteidigung, Tackling im Defensivverhalten oder auch schnelle Richtungswechsel im Dribbling, allen voran jedoch, mit über 70%, passiert diese Verletzung in Pressing-Situationen des Verteidigens. Das Bewegungsmuster der Verletzungssituation ist meist die gleiche.
Valgus-Momente im Knie (Bild), oftmals kombiniert mit einer Innen- oder Außenrotation sind ein Mechanismus. Zusätzlich kommen noch Verdrehbewegungen bei nahezu gestrecktem Kniegelenk als Verletzungsmechanismus hinzu.
Das Kniegelenk hat dabei Bodenkontakt und ist belastet.
Abbildung 1: Neutrale Ausrichtung der Gelenke der unteren Extremität gegenüber Gelenkpositionen in Valguskollaps-Position (verändert nach Hewett et al, 2005, S.295).
Neben externen Risikofaktoren, die einen Einfluss auf die Entstehung von Kreuzbandrissen haben können, sind es vor allem die internen Risikofaktoren, denen man aktiv den Kampf ansagen kann.
Interne Risikofaktoren beziehen sich auf Kriterien, die vom Spieler selbst ausgehen, und viele davon sind durch entsprechende Verhaltensweisen und Training beeinflussbar.
Und hier haben mehrere Forschungsgruppen herausgefunden, dass das Risiko, einen Kreuzbandriss zu erleiden, bei Frauen um ein Vielfaches höher ist, als bei Männern.
Zugrunde liegen hier hauptsächlich anatomische Unterschiede, hormonelle Gegebenheiten sowie das neuromuskuläre Zusammenspiel und damit einhergehend die Bewegungskontrolle.
Bei Frauen hat vor allem der sogenannte Qaudrizeps-(Q-) Winkel einen negativen Einflussfaktor auf die häufigen Knieverletzungen im Frauenfussball.
Dieser beschreibt den Valguskraftvektors, der bei Kontraktion des Quadrizeps auf die Patella wirkt. Die daraus resultierende veränderte Biomechanik bedeutet einen höheren statischen und dynamischen Valgus-Stress und führt damit zu einer erhöhten Verletzungsrate.
Weiter sind Frauen aufgrund eines kürzeren, weniger kräftigen Bandstruktur anfälliger für Verletzungen des VKB. Eine allgemeine bekannte, höhere Gelenk-Laxheit ist ein weiterer Risikofaktor von Frauen.
Auch der hormonelle Einfluss als Indikator für eine gesteigerte Verletzungsgefahr von Frauen gegenüber ihren männlichen Kollegen für Kreuzbandrisse wird vermehrt diskutiert.
Es gibt Studien die herausgefunden haben, dass vor allem in der ersten Zyklushälfte die Gefahr einen Kreuzbandriss zu erleiden, erhöht ist.
Verantwortlich gemacht wird hier das Östrogen-Hormon, dass die Festigkeit der Bandstrukturen heruntersetzen, was einen Einfluss auf die Stabilität des Gelenkes hat. Der Bewegungsspielraum des Gelenkes vergrößert sich und die Verletzungsgefahr steigt.
Weiter soll der Zyklus einen Einfluss auf die Kontraktionsfähigkeit und -geschwindigkeit haben, was ebenso einen Einfluss auf eine optimale muskuläre Gelenksicherung in dynamischen Bewegungssituationen im Fußball haben kann.
Das Zusammenspiel von zentralem Nervensystem und Muskulatur hat ebenso einen großen Einfluss auf Bewegungsmuster und Bewegungskontrolle. Defizite in diesem Zusammenspiel steigern nachweislich das Verletzungsrisiko.
Darunter versteht man z.B. eine nicht adäquate, der Situation angepasste Muskelaktivierung – sowohl in Bezug auf Größe, aber auch auf Zeitpunkt und Timing.
Oftmals entstehen schwere Verletzungen, weil die Muskulatur das belastete Gelenk nicht ausreichend und rechtzeitig stabilisieren und sichern kann.
Bei Frauen wird hier oft das Phänomen der sogenannten Quadriceps Dominance beobachtet.
Dabei tendieren die Spielerinnen dazu, ihr Knie primär durch das Anspannen der vorderen Oberschenkelmuskulatur (Quadrizeps) zu stabilisieren, während der Gegenspieler, die hintere Oberschenkelmuskulatur (Antagonist) kaum aktiviert wird. In risikoreichen Situationen, wie z.B. beim Landen nach einem Kopfball), führt das allerdings dazu, dass das Knie insgesamt zu gestreckt bleibt (steife Landung). Die erhöhte Quadrizeps-Spannung, ohne Gegenaktivierung, erhöht zudem die Belastung des vorderen Kreuzbandes.
Als weitere Verletzungsursache wird die Trunk-Dominance beschrieben.
Die Stabilisation des Körpers, z.B. beim Zweikampf oder im Laufduell, wird unter anderem vom Rumpf initiiert. Die Trunk-Domincance beschreibt dabei das Unvermögen, innerhalb athletischer Bewegungssituationen den Körper in allen Bewegungsebenen adäquat zu stabilisieren.
Auch hier zeigen Frauen im Vergleich zu Männern größere Defizite, zusätzlich zu der Gegebenheit, dass beim weiblichen Geschlecht der Körperschwerpunkt höher sitzt. Dies alles führt zu Instabilitäten vom Rumpf ausgehend, welche Frau durch gefährlichen Ausgleichsbewegungen im Hüft- und Kniegelenk zu kompensieren versucht mit der Folge, dass die Verletzungsgefahr durch Überkompensation steigt.
Zusätzlich ist eine einschlägige Einbein-Dominanz (Leg Dominance) ein weiter Faktor für ein erhöhtes Verletzungsrisiko.
Die Leg Dominance meint eine Inbalance zwischen Kraft, Koordination und Bewegungskontrolle innerhalb des linken und rechten Beines. Das Ungleichgewicht ist auch hier wiederum bei Frauen erheblich größer als bei Männern, was auf eine defizitäre fußballerische Ausbildung zurückzuführen ist.
Gefährlich ist diese Tatsache daher, da vor allem das Schussbein, wenn es auf dem Platz doch mal die Funktion des Standbeins ausführen muss, Schwächen in der Stabilisation hat.
Ein letzter Risikofaktor wird als Ligament Dominance beschrieben.
Jedem Bodenkontakt durch beispielsweise Landungen, Abstoppbewegungen oder CODs wirken Gegenkräfte (Bodenreaktionskraft) entgegen, die eine immense Belastung für Gelenke darstellen. Bei neuromotorischen Störungen (z.B. muskuläre Dysfunktion) müssen diese Gegenkräfte von passiven Strukturen (z.B. Bänder) absorbiert werden.
So können sie in einzelnen Fällen, durch unzureichende muskuläre Sicherung und Stabilisierung in [zu] hohen Maße auf die gelenkstabilisierenden Bänder einwirken. Übersteigt diese Krafteinwirkung die Rissfestigkeit des Bandes kommt es zu Verletzungen und Rupturen – der mediale Kollaps ist hierfür ein sehr typisches Beispiel.
Keine Spielerin ist zu 100% vor Verletzungen gesichert – ein Restrisiko bleibt im Sport, gerade auch im Fußball, immer bestehen.
Es ist allerdings Fakt, dass vor allem die Non-Contact-Verletzungen – also die Verletzungen, die ohne Gegnereinwirkung passieren – durch richtiges Training minimiert werden können.
Auf anatomische und hormonelle Gegebenheiten kann wenig Einfluss genommen werden. Allerdings haben wir gute Möglichkeiten auf das neuromuskuläre System und die Biomechanik positiv einzuwirken.
Der Schlüssel des Erfolges ist hierbei ein zielgerichtetes, regelmäßiges präventives Training (bspw. mit der B42 Fussball App), um fußballtypische, verletzungsriskante Bewegungsabläufe zu automatisieren und dadurch Risikosituationen im Training oder im Wettkampf optimal meistern zu können.
Dieser Drill kräftig die für den Fußball so wichtige Beinachse. Mit einer kräftigen und stabilen Beinachse schützt ihr euch vor Knieverletzungen und langen Ausfallzeiten.
Wir würden dir empfehlen, pro Seite etwa 8 bis 12 Wiederholungen mit leicht gebeugtem Knie zu absolvieren.
Dynamische Skatersprünge – also Sprünge von Seite zu Seite – verleihen dir die notwendige Explosivität. Sie sind dynamisch und reaktiv – jene Eigenschaften, die auf dem Platz benötigst.
Wir würden dir empfehlen, etwa 20 bis 30 Sekunden von Seite zu Seite zu springen.
Diese Übungen sind im Übrigen auch Teil unserer rehabilitativen Comeback-Trainings. Mit speziellen Trainingsprogrammen bei Verletzungen am Kniegelenk stehen wir dir auch in der schlimmsten Zeit eines jeden Sportler bzw. einer jeden Sportlerin mit Rat und Tat zur Seite.
Dabei setzen wir auf die Verfahrensweise „gesicherte Diagnostik – professionelle Physiotherapie – Comeback-Training“.
Nach der neuronalen Heilungsphase werden im Laufe der Comeback-Arbeit Stück für Stück auch mobilisierende, kräftigende und schließlich dynamische Elemente in die einzelnen Trainingseinheiten implementiert.
Im Prinzip alles, was ein Fußballspieler braucht, um nach einer Verletzungspause noch stärker zurückzukommen.
Be fearless. Be focused. B42
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