Ohne sie könnte kein einziges Fußballspiel stattfinden. Und doch würden wir am liebsten immer ohne sie antreten: unsere Schiedsrichter*innen.
Unsere Kommunikation und Wortwahl mit ihnen und über sie?Respektlos und verbesserungswürdig!
Die Männerbundesliga hat in den letzten Wochen wieder vermehrt Schlagzeilen mit Respektlosigkeiten und Beleidigungen gegenüber den Unparteiischen gemacht.
Wir alle sollten uns hinterfragen, wie wir die Rolle der Schiedsrichter*innen sehen.
Laut Definition sind es die Spielleiter*innen. Häufig tun wir so als ob es die Spielzerstörer*innen wären.
Dabei legen wir in der Fehlerkultur bei den Schiedsrichter*innen komplett andere Maßstäbe als bei „uns“ Spieler*innen, Coaches und Fans an. Machen die Mitspieler*innen mal einen Fehler muntern wir sie mit einem Klapps auf die Schulter auf. Unser Faiplay-Gedanke geht sogar so weit, dass wir hin und wieder unsere Gegenspieler*innen aufmuntern oder trösten. Legendär bis heute die Bilder von Oliver Kahn und Santiago Cañizares nach dem Elfmeterschießen im CL-Finale 2001 im San Siro.
Wer erinnert sich an eine ähnliche Geste gegenüber Schiedsrichter*innen? Wahrscheinlich niemand, kommt ja auch nicht so häufig vor.
Und dabei sollten unsere Unparteiischen uns eigentlich den allergrößten Respekt abnötigen. Denn eines steht fest. Egal ob in der Bundesliga vor 80.000 unter Fluchtlicht oder in der Kreisklasse auf Asche: Schiedsrichter*innen brauchen im Fußball Nerven wie Drahtseile und jede Menge Selbstbewusstsein.
Nur so können sie mit dem ständigen Reklamieren von Spieler*innen, Coaches und Zuschauer*innen bei unbeliebten Entscheidungen und all den anderen Sprüchen, Kommentaren und kleinen Provokationen umgehen.
Das Problem mit so einem Verhalten ist allerdings noch viel schwerwiegender als es auf den ersten Blick scheint. Der Übergang zwischen konstruktiv geäußerter Kritik, verbaler Entgleisungen, ernsthafter Bedrohung oder gar körperlicher Gewalt scheinen seit einiger Zeit fließend zu sein. Zum Entsetzen aller hören wir in den Medien immer wieder ist von brutalen körperlichen Angriffen auf ehrenamtliche Unparteiische zu lesen.
Sascha Stegemann – selbst Bundesliga-Schiedsrichter – wollte dem deutschen Fußball zwar zuletzt „kein generelles Respektproblem“ attestieren, sondern war der Auffassung „Wir reden über einzelne Fälle.“
Allerdings spricht die Statistik eine klare Sprache: In der Saison 2021/22 wurden 5582 Vorfälle, davon 3544 Gewalthandlungen, wie Tätlichkeiten oder Bedrohungen, und 2389 Diskriminierungen von Schiedsrichtern beim DFB gemeldet. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Außerdem haben die Schiedsrichter*innen 911 Amateurspiele komplett abgebrochen.
Als Ausrede hören wir immer wieder den gleichen Satz: „es sei aus der Emotion heraus geschehen“.
Das Problem: wenn wir in der Männer-Bundesliga aus der Emotion heraus rote Linien verbal überschreiten, verschieben wir die Grenzen des Sag- und Machbaren im Amateurfußball.Denn „Vorbildfunktion“ ist nicht immer nur eine positive Dynamik.
Auch Rebekka Redinger, Schiedsrichterin aus Leidenschaft, hat in ihrer 15-jährigen Karriere jedwede Beleidigung hören müssen. Doch nicht nur das: Während eines Hallenturniers wurde sie bewusstlos geprügelt.
Der Täter – zunächst „lebenslang“ gesperrt – darf mittlerweile wieder spielen.
Denn auch hier ist das Ganze natürlich „nur aus der Emotion heraus“ passiert…
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