Wer unseren letzten Beitrag zum Thema Ausdauer im Fußball gelesen hat, erinnert sich höchstwahrscheinlich an die Schwierigkeit, allgemein gültige Aussagen zum Thema Training treffen zu können.
In den vergangenen Monaten haben uns viele Fragen rund um das Thema „Ausdauer“ und „Ausdauertraining“ erreicht. In den kommenden Ausdauerbeiträgen wollen genauer auf diese eingehen und euch auch einen genaueren Überblick über physiologische Abgrenzungen zu traditionellen Ausdauersportarten geben. Denn modernes Ausdauertraining im Fußball hat nichts mit ewigen Waldläufen zu tun.
Außerdem werden wir die Vorteile von strukturiertem Training unter Berücksichtigung von Ernährung, Regeneration, Reizdichte und Intensitäten diskutieren.
Die Belastung in einem Spiel unterscheidet sich sehr deutlich zu klassischen Ausdauersportarten wie Laufen, Triathlon oder Radsport. Während es in den klassischen Sportarten auf eine möglichst hohe durchschnittliche Leistung/ Geschwindigkeit über einen vorgegebenen Zeitraum/ Strecke ankommt, ist die Belastung in Spielsportarten deutlich komplexer:
Bereits durch die Verteilung der Intensitäten wird dies recht deutlich. Bei genauerem Blick kommt hinzu, dass ein klassischer Marathonläufer eine sehr geringe Anzahl an Wettkämpfen über die volle Distanz bestreitet. Ihm gegenüber stehen Fußballspieler*innen Woche für Woche auf dem Feld. Bei einer durchschnittlichen Laufdistanz eines Mittelfeldakteuers von ungefähr 10,5km, bedeutet das, dass dieser alle 4 Wochen (ohne englische Wochen und Trainingseinheiten) einen Marathon absolviert. Hinzu kommt noch, dass sich die Belastungen durch eine sehr hohe Anzahl an kurzen intensiven Belastungen auszeichnet. Dazu gehören neben einer hohen Sprintdichte auch eine Vielzahl an Richtungswechsel. Diese offensichtlichen Unterschiede in den Belastungsmetriken resultieren nicht nur in einer veränderten Anforderung an passive Strukturen (Sehnen, Bänder) sondern auch in physiologischer Hinsicht an das Training und Regeneration.
Um hier eine etwas konkretere Abgrenzung vorzunehmen, geht es für den Marathonläufer darum eine möglichst hohe maximale Sauerstoffaufnahme (Vo2max) zu erreichen und dabei gleichzeitig einen guten Fettstoffwechsel zu generieren.
Ebenso will er möglichst wenig Körpergewicht mitbringen, da hier ein direkter Zusammenhang zwischen Wettkampfleistung und Gewicht besteht.
Auf der anderen Seite steht der Fußballer oder die Fußballerin, auch diese beiden wollen eine möglichst hohe Vo2max erreichen, der Fettstoffwechsel spielt allerdings eine untergeordnete Rolle. Mit Blick auf das Körpergewicht wird sich der Fußballer deutlich vom Marathonläufer unterscheiden, für den Fußballer ist es essenziell eine gewisse Athletik bezogen auf den gesamten Körper mitzubringen. Diese dient nicht nur der Durchsetzungsfähigkeit, sondern auch der Verletzungsprophylaxe.
Warum?
Weil die Einwirkungen auf den Bewegungsapparat in Spielsportarten einen deutlich höheren “Impact“ im Vergleich zu klassischen Ausdauersportarten mitbringen.
Aus oben genannten Gründen macht der Vergleich physiologische Kenngrößen sportartübergreifend daher nur bedingt Sinn. Sämtliche Werte sollten immer in Bezug auf die Zielsetzung der Sportart eingeordnet werden. Bei diesen unterschiedlichsten Anforderungen an den Körper ist es nur logisch, dass sich auch das Training im Hinblick auf die Ausdauerleistung zwischen den klassischen Ausdauersportarten und Spielsportarten deutlich unterscheiden muss.
Spricht man aktuell von Ausdauer, fällt früher oder später der Begriff der „Grundlagenausdauer“. Gibt man diesen Begriff bei Google ein stößt man auf eine Vielzahl an Eintragungen ohne konkrete Aussagekraft. Daher wollen wir uns hier von diesem, aus meiner Sicht, überarbeiteten Begriff etwas lösen. Vielmehr gibt es schlichtweg eine Notwendigkeit, eine gewisse körperliche Grundlage zu schaffen, um ein spezifisches Ausdauerprogramm sinnvoll und mit geringem Verletzungsrisiko absolvieren zu können.
Ein Teil dieser Vorbereitung sind sicherlich auch lockere Läufe in gleichbleibendem Tempo.
Hier halten wir aber fest, dass rein Läufe in konstantem Tempo nur eine sehr geringen Trainingseffekt auf die fußballspezifische Ausdauer mit sich bringen, unter Umständen sogar einen negativen Effekt auf diese haben könnten.
Neben der Intensität spielen auch andere Faktoren in der Trainingsplanung eine wichtige Rolle. Einer diese Faktoren ist die Reizdichte:
Reizdichte bezieht sich auf die zeitliche Wiederholung von Trainingsreizen.
Der Körper reagiert sehr unterschiedlich je nach Zusammenstellung der Reizdichte. Auf der einen Seite wäre es möglich einen Tag in der Woche für ein komplett ausbelastendes Training mit dem Ziel einer verbesserten Ausdauer zu nutzen. Auf der anderen Seite könnte die identische Trainingszeit und Gesamtbelastung auf verschiedene Tage aufgeteilt werden. Dies führt bei sinnvoller Aufteilung zu einer verbesserten Anpassung, da die Pause zwischen den einzelnen Reizen deutlich geringer ausfällt. Speziell mit Bezug auf die so wichtige Anpassung der Vo2max (maximale Sauerstoffkapazität) ist ein wiederholter Reiz ohne zu lange Pausen zwischen den einzelnen Einheiten elementar.
Ein weiterer Mehrwert dieser Trainingsgestaltung spielt die Regeneration nach den Einheiten. Da die einzelnen Einheiten nun nicht mehr zu einer kompletten Ausbelastung führen und die damit einhergehenden strukturellen Schädigungen ausbleiben, kann der Körper sehr viel schneller regenerieren und den Trainingsreiz in eine verbesserte Leistungsfähigkeit umsetzen.
Gerade während der Saison lässt sich durch kürzere jedoch intensive Einheiten auch im Spielbetrieb sehr gut an einer Verbesserung der Ausdauer arbeiten.
Denn bei zusätzlicher Belastung am Wochenende durch ein Spiel, macht der oben erwähnte hoch intensive und ausbelastende Reiz wenig Sinn und ist - unter Berücksichtigung der Regeneration - kaum sinnvoll in eine Trainingsstruktur einzubauen.
Etwas anders sieht es in der Vorbereitung aus, aber auch hier ist es zielführender an der Reizdichte als ausschließlich an der Intensität zu justieren.
Bei intensiven Trainingseinheiten sollte auch die Regeneration ein sehr wichtiges Thema sein. Nach den ersten Einheiten wird es sicherlich zu einem Muskelkater kommen, da die Belastungen erst einmal ungewohnt sein können und sich die Muskulatur erst an diesen neuen Reiz anpassen muss.
Muskelkater zeichnet sich durch eine strukturelle Schädigung der Muskelfasern auf kleinster Ebene aus, es entstehen Mikrorisse in den so genannten Z-Scheiben. Dies passiert meist bei exzentrischen hohen Belastungen, wenn der Muskel bei hoher Spannung an Länge zunimmt. Bei stark ausgeprägtem Muskelkater bestehet auch ein erhöhtes Verletzungsrisiko der Muskulatur, daher sollte hier gegebenenfalls die Folgeeinheit etwas angepasst werden. Die gute Nachricht an dieser Stelle, die Muskulatur gewöhnt sich sehr schnell an neue Reize und somit wird der Muskelkater auch sehr schnell zurückgehen und man sollte sich nicht von der ersten Einheit abschrecken lassen.
Ganz im Gegenteil: versuche das Positive daran zu sehen, dass dein Körper auf den neuen Reiz reagiert, denn ohne neuen Reiz auch keine Anpassung.
Um eurem Körper die Umsetzung und auch die Regeneration nach intensiven Einheiten etwas einfacher zu machen bzw. ihn dabei zu unterstützen spielt auch die Ernährung vor und nach der Einheit eine wichtige Rolle.
Als erste wichtige Regel gilt eine ausreichende Füllung der Kohlenhydratspeicher vor der Einheit. Dies ist notwendig da die intensiven Anforderungen mit einer schnellen Energiebereitstellung einhergehen, diese kann energetisch nur durch Kohlenhydrate gesichert werden. Daher muss auch bei einer Low-Carb Ernährung vor intensiven Einheiten ein Mindestmaß an Kohlenhydraten zugeführt werden. Im besten Fall geschieht dies bereits über die letzten beiden Nahrungsaufnahmen vor der Einheit. Da der Körper in der Aufnahme von Kohlenhydraten stark limitiert ist macht es nur bedingt Sinn ausschließlich vor der Einheit Kohlenhydrate zuzuführen. Als Faustregel gilt in der Aufnahmefähigkeit 1g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht pro Stunde, also bei 70kg Körpergewicht können nicht mehr als 70g an Kohlenhydrate pro Stunde aufgenommen werden.
Ergänzend zum Kohlenhydrat-Management gilt es auch für eine ausreichende Hydration zu sorgen, speziell in den Sommermonaten sollte darauf geachtet werden, die Einheit in einem gut hydrierten Zustand zu beginnen und nach der Einheit den Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen. Nach der Einheit sollte dies möglichst zeitnahe geschehen. Für einen ungefähren Schätzwert des Flüssigkeitsverlust, da dieser sehr individuell ist, kann die Gewichtsdifferenz vor zu nach der Einheit herangezogen werden.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass jedes Training eine Berücksichtigung der vorliegenden Rahmenbedingungen mit sich bringt. Wenn ihr dies gut macht, können intensive Einheiten ein sehr gutes Trainingsmittel sein, zur Verbesserung der fußballspezifischen Ausdauer.
Einem erfolgreichen Training sollte nichts im Wege stehen.
Bringe dich und dein Team aufs nächste Level! Trainiere mit der ganzen Mannschaft oder dem Verein.